Ich verstummte und sah wieder zu der dunklen Fähe, als diese auch schon los lief. Anführerin der Werwölfe? Mein Fell kribbelte vor neugier, aber auch Aufregung. Meint sie eine Alpha? Ihre Alpha? Meine Ohren drehten sich leicht nach hinten, doch setzte ich mich ebenfalls in Bewegung. Gab es noch eine übergeordnete Rasse der Werwölfe? Welche, die alle Rudel führte? Ich schnaufte und zog tief die Luft mit meiner Nase ein. Definitiv ein Alpha. Aber auch ein anderer Geruch wurde zu mir getragen. Ein weiters Rudelmitglied? Ich blieb einige Meter hinter der dunklen Fähe, nur zur Sicherheit.

Ich warf meinen Kopf knurrend hin und her, bis auch der letzte Holzsplitter auf meinem Maul flog. Wäre ich allein gewesen, dann hätte mich nichts davon abgehalten einfach los zu rennen und in das nächste Menschendorf zu jagen, doch war dies nicht der Fall. Ich würde meiner Begleiterin nicht das Vergnügen einer Jagt nehmen oder sie gar zwingen, Regeln ihres Rudels zu brechen. Als sie ihren Kopf in den Nacken warf und mit lautem Ton ihre Stimme in den Himmel schickte, ließ ich mich davon anstecken. Ich regte mein Haupt in die Höhe und entsannte meine tiefe Stimme.

Ich tat es ihr gleich, bewegte mich in ihrer Nähe und suchte nach einer brauchbaren Spur. Doch nichts. Verärgert bellte ich und entblößte meine Reißzähne. "Nichts!" Ich hatte mich so auf eine gemeinsame Jagt gefreut. Wollte den Boden unter meinen Pfoten spüren, wie er immer schneller unter mir wurde und die Welt genauso schnell an mir vorbei flog während ich den dunklen Schatten der Fähe neben mir wusste. Ihr knurren und atmen hören, sowie ihre Freude, aber auch ihre Anspannung spüren können. Die Beute vor uns, schreiend, weinend, flehend um ihr Leben rennend, während wir immer näher kamen. Ich knurrte und vergrub meine Zähne in einen nahe stehenden Baum, mit einer schwungvollen Bewegung löste ich Rinde, als auch eine dicke Schicht des Holzes von diesem.

Ich hörte ihr gespannt zu und schnaufte herablassend. "Ein Abkommen um die Menschen zu schützen? Sind hier nur Vegetarier unterwegs oder was?" Ich schüttelte ungläubig meinen Kopf. Welche Idioten haben dem überhaupt zugestimmt? Ich betrachtete die Fähe neben mir und zeigte kurz meine Zähne. "Zum Glück, muss ich mich an kein Abkommen halten.. aber wenn du willst, dann können wir hier bleiben." Ich wäre am liebsten direkt in ein Dorf gelaufen und hätte ein Blutbad angerichtet, doch freute ich mich mehr auf die gemeinsame Jagt, weshalb ich mich ihrer Gebietswahl unterwerfen würde. Dieses mal.

Ich passte mein Tempo dem der Fähe an und sah mich aufmerksam um, während meine Ohren sich bei jedem noch so kleinen Geräusch bewegten. Der rote Baum weckte meine Neugierde, noch nie hatte ich einen Baum von solcher Farbe in mitten des Sommers gesehen. Ich machte neben der dunklen Wölfin halt und schnupperte ebenso. "Menschenrevier? Seit wann gibt es denn sowas?"

Ohne auch nur eine Sekunde zu verschwenden spurtete sie los und ich setzte ihr nach.

-> Grenzgebiete - Werwölfe, Menschen

Ich hatte sie eindringlich beobachtet, als sie erhob und auf mich zu kam, nur um mir dann einen Stoß gegen meine Schulter zu verpassen. Ich drehte meinen Kopf nach hinten, sodass ich sie weiter im Blick behalten konnte. Die Fähe hatte mich neugierig gemacht. Was will sie? Als sie jedoch ihre Frage stellte hatte sie meine gesamte Aufmerksamkeit - nicht, dass sie diese ohnehin schon gehabt hatte. Ich erhob mich selbst auf meine vier Pfoten und konnte es mir nicht nehmen lassen, ihr Spiel mit der Zunge nachzumachen. "Ich habe schon eine Weile nichts mehr gefressen." Mein Fell kribbelte leicht vor Vorfreude. "Und es ist eine ganze Weile her, seit ich mit jemand anderes gejagt habe."

Ich musterte sie für einen Moment ehe ich ehrlich antwortete. "Ich schätzte ich werde für eine Weile hier in dieser Region verweilen oder bald weiter ziehen, das kann ich nicht genau sagen." Sie hatte Temperament, konnte aber auch entspannt sein, das gefiel mir. Eine richtige Wölfin, durch und durch.

Ihre Art gefiel mir irgendwo. Sie hatte ähnliche, wenn nicht sogar die selben Ansichten. Zumindest bei diesem Thema. "Was bleibt mir denn anderes übrig? Soll ich auf die losgehen wie ein tollwütiges Vieh, nur weil du deine Kräfte messen wolltest? Wärst du ein Einzelgänger, dann wäre das eventuell sogar passiert. Aber ich bin nicht so dämlich und lege mich mit einem Rudel an." In meinem Familienrudel war es zumindest so. Ein Angriff auf eine einzelne Person glich einem Angriff auf die Gemeinschaft. Als sie grinste und sich scheinbar irgendetwas vor ihrem geistigen Auge ausmalte, zuckten meine Ohren interessiert.

Ich trat aus dem Fluss, setzte mich auf meinen Allerwertesten, dabei aber einen respektablen Abstand zu der Fähe wahrend und kratzte mich hinterm Ohr. "Du wolltest mich aber nicht zu Hundefutter verarbeiten, hoffe ich jedenfalls." Ich sah wieder zu ihr auf und wackelte kurz mit meinen Ohren. "Meinen Respekt hast du in dem Moment bekommen als du dich dafür entschieden hast zu Kämpfen, aber es nicht ausarten zu lassen. Du hast mir einen Geschmack von dem gegeben, was du kannst. Es gibt nicht mehr allzu viele die das machen. Entweder sie haben eine große Schnauze aber nicht dahinter oder betteln um Vergebung, wenn man mit seinen eigenen zähnen antwortet."

Ich senkte meinen Kopf wieder etwas und sah in ihre Richtung, diesmal ohne ihr in die Augen zu starren. "Vorsicht ist besser als Nachsicht. Ich weiß ja nicht wie euer Rudel mit Fremden nahe des Reviers umgeht, aber es gibt einige, die gerne mal die Zähne benutzten." Ich stellte mich etwas breitbeinig hin und schüttelte meinen Pelz kräftig, dabei das Wasser aus meinem Fell treibend. Bei ihren nächsten Worten stellte ich wieder normal hin und senkte meinen Kopf noch etwas mehr, ihr Respekt zollend. "Das gleiche kann ich von dir behaupten."

Ihre Überraschung entging mir keines Wegs, doch reagierte ich nicht großartig darauf. Ich senkte meine Lefzen und Rute, nur um stattdessen meinen Kopf zu heben und intensiv die Luft tu prüfen. Das letzte was ich jetzt brauchen würde war, dass der Rest ihres Rudels hier auftaucht und ich den Rückzug antreten musste.

Ich ließ sie gewähren, als sie sich unter mir hervor kämpfte und aufstand. Ich setzte ihr auch nicht nach, sondern behielt sie mit gefletschten Zähnen im Auge, gab ihr so die Chance den Kampf zu beenden ohne, dass einer von uns beiden als Sieger herausging oder stark verletzt wird.

Anscheinend wollte sie tatsächlich ernst machen. Na wenn du schon so darum bettelst. Ich drückte mein gesamtes Gewicht gegen sie und versuchte immer wieder ihrer Schnauze mit meinen Kiefern zu erwischen. Meine Rute hatte sich mittlerweile aufgestellt und auch mein Knurren wurde tiefer, bedrohlicher.

Ihr Schatten kam plötzlich gefährlich näher, doch konnte ich nicht mehr reagieren. Als ihr Körper gegen meinen prallte verlor ich mein Gleichgewicht und stürzte mit ihr in das flache Wasser. Doch nutzte ich den Schwung und rollte mich weiter, schon fast komplett über sie hinüber. Meine Ohren waren nach vorn gebogen, mein Nacken und Rückenfell bis zum Anschlag aufgestellt und meine Zähne entblößt. Meine gewaltigen Kiefer schnappten nach ihr als ein tiefes knurren aus meiner Kehle drang.

Meine Nase kräuselte sich, als ich meine Lefzen etwas hochzog und nur die Spitzen meiner Reißzähne zeigte, vorerst. "Das hat dich einen feuchten Hundehaufen zu interessieren!" Ich hatte auf sowas keine Lust. Ich bin hier her gekommen um in Ruhe meinen Durst zu stillen, doch war nun meine Ruhe dahin. Zumindest meinen Durst könnte ich aber noch beseitigen. So senkte ich langsam beinen Kopf wieder zum Wasser herab und begann die klare Flüssigkeit mit Hilfe meiner Zunge in meinen Rachen zu befördern.

Ich beobachtete sie und entspannte meine Ohren wieder, meine Rute wieder ruhig hängend. "Wollen tue ich gar nichts. Aber wenn du es noch nicht bemerkt hast, ich kam her um zu trinken.", mit viel sagendem Blick deutete ich auf das Wasser, welches um meine Pfoten herum floss.

Als sie auf mich zukam, stellten sich meine Ohren wieder in ihre vollkommene aufrechte Position. Meine Rute schwang sacht hin und her, nicht etwa aus Freude, eher als Zeichen, dass ich sie nicht anfallen würde. Außer sie springt mich natürlich zuerst an. "Korrekt.", entgegnete ich und musterte sie, meine Augen jedoch wieder schnell die ihrer findend.

Als sie ihre Lefzen senkte, taten es meine Ohren gleich. Nur ein Stück, immer noch aufmerksam, aber deutlich entspannter. Meine Zunge fuhr über meine Nase als meinen Blick nicht von ihr nahm, ein kurzes Überprüfen der Luft verriet mir, dass sie allein hier war, aber zu einem Rudel gehörte. Hier gab es also ein Werwolfsrudel, wobei dieser Ort hier wohl nicht zum Revier gehörte. "Du bist also nicht allein in dieser Region." Es war keine Frage sondern eine Feststellung. Was sollte ich auch weiter sagen? Ich war in kein Revier eingedrungen und hatte niemanden Beute streitig gemacht.

Das Wasser kühle sofort meinen Körper ab und machte mich wacher, aufmerksamer. Aus meinem Augenwinkel heraus bemerkte ich einen dunklen Schatten und hob meinen Kopf. Die Wölfin hatte ihre Zähne gebleckt, doch machte sie weiter kein Geräusch. Ihr dunkles, doch nicht schwarzes Fell schimmerte leicht im Licht. Das Wasser floss und tropfte schließlich aus meinem Maul, als ich ihren Blick erwiderte ohne auch nur einen Muskel meines Körpers zu bewegen. Sie war die erste meiner Artgenossen, die so nahe bei mir war, seit ich meine Familie vor 2 Jahren verlassen hatte.